Viele Unternehmen entscheiden sich als Erstes für eine Cloud-basierte API (z. B. GPT-4 oder Claude), wenn es um den Einsatz großer Sprachmodelle (LLMs) im Geschäftsalltag geht. Das ist unkompliziert, erfordert keine eigenen Hardware-Investitionen und kann bei Bedarf hochskaliert werden. Allerdings können die Kosten schnell steigen, wenn Sie agentic AI betreiben, bei der das Modell pro Anfrage mehrere Schritte (z. B. Planung, Recherche, Tool-Nutzung) durchläuft.
In diesem Beitrag vergleichen wir die Cloud-Kosten für LLMs mit den Ausgaben für eine On-Premises-Bereitstellung eines fortschrittlichen 70-Milliarden-Parameter-Modells wie Llama 3 70B. Wir betrachten drei Szenarien – klein, mittel und groß – mit jeweils unterschiedlicher Benutzerzahl und monatlichem Token-Verbrauch. Anschließend zeigen wir, wann sich eine On-Prem-Lösung rechnet (und langfristig Geld spart) im Vergleich zur tokenbasierten Abrechnung in der Cloud.
1. Warum 70 B Parameter?
Modelle wie Llama 3 (70B) zählen zu den modernsten Open-Source-Varianten. Dank 70 Milliarden Parametern sind sie in der Lage, komplexe Aufgaben, mehrstufiges Reasoning und domänenspezifisches Fine-Tuning zu bewältigen. Gerade für agentic Use Cases – bei denen das Modell planen, logisch folgern und mit verschiedenen Tools interagieren muss – bietet eine solch hohe Parameterzahl entscheidende Vorteile.
Wichtige Eigenschaften eines 70B-Parameter-Modells
- Erweitertes Reasoning: Größere Modelle (70B+) sind oft in der Lage, mehrstufige Prozesse zuverlässiger zu durchdenken als kleinere Modelle.
- Domänen-Adaption: Sie können feinjustiert werden, um unternehmensspezifische Themen genau abzudecken.
- Hohe Leistungsfähigkeit: In vielen Benchmarks liegen fortschrittliche Open-Source-Modelle nahe an proprietären Lösungen oder übertreffen diese sogar.
Allerdings erfordern diese Vorteile auch einen höheren Hardware-Bedarf: Ein 70B-Modell benötigt in der Regel Dutzende Gigabyte an GPU-Speicher für Inferenz – noch mehr, wenn Sie eine höhere Präzision oder parallele Anfragen von mehreren Benutzer:innen unterstützen möchten.
2. Cloud vs. On-Prem: Der Kernunterschied
Cloud:
- Keine Anschaffungskosten: Abrechnung pro Token (oder GPU-Stunde).
- Einfache Skalierung: Rechenkapazität bei Bedarf hinzufügen.
- Wartungsfrei: Die Infrastruktur wird vom Cloud-Anbieter bereitgestellt und gepflegt.
On-Prem:
- Investition in Hardware: Server, GPUs, Speicher etc.
- Komplette Kontrolle: Volle Datenhoheit und Compliance-Einhaltung.
- Kostenvorteil bei höherem Volumen: Ab einer bestimmten Nutzungsmenge amortisieren sich die einmaligen Anschaffungskosten schnell.
3. Beispiel-Szenarien: Benutzeranzahl & Token-Verbrauch
Wir betrachten drei fiktive Unternehmen – klein, mittel und groß – die jeweils ein 70B-Agentic-LLM für Anwendungsfälle wie Kundenservice, interne Wissensdatenbanken oder Prozessautomatisierungen einsetzen. Wir nehmen GPT-4-ähnliche Preise in der Cloud an:
- 0,03 USD pro 1.000 Tokens (Prompt)
- 0,06 USD pro 1.000 Tokens (Completion)
- Aufteilung: 50 % Prompt / 50 % Completion
Für die On-Prem-Kalkulation berücksichtigen wir:
- Hardware: GPUs (z. B. NVIDIA A100), Server-Chassis, CPU, RAM, Netzwerk etc.
- Jährliche Betriebskosten (OpEx): Ca. 15 % der Hardwarekosten (Energie, Kühlung, Wartung).
Zusammenfassung in tabellarischer Form
Szenario | Kleines Unternehmen | Mittleres Unternehmen | Großes Unternehmen |
Geschätzte Benutzerzahl | 100–200 | 500–1.000 | 5.000+ |
Monatliche Tokens | 50 Mio. | 200 Mio. | 1 Mrd. |
Cloud-Kosten (jährlich) | 27.000 USD | 108.000 USD | 540.000 USD |
On-Prem-Hardware | 30.000 USD (1× A100 40GB + Server) | 45.000 USD (2× A100 80GB + Server) | 80.000 USD (4× A100 80GB + Server) |
OpEx (jährlich) | ~4.500 USD | ~6.750 USD | ~12.000 USD |
Jahr-1-Gesamtkosten (On-Prem) | 34.500 USD | 51.750 USD | 92.000 USD |
Break-Even | Ende Jahr 2 | ~6–7 Monate | ~2 Monate |
Hinweis: Ein 70B-Modell (z. B. Llama 3 70B) On-Prem zu betreiben, erfordert häufig mindestens eine GPU mit hohem VRAM (40 GB oder 80 GB) und zusätzliche Methoden wie 4-Bit- oder 8-Bit-Quantisierung, um den Speicherbedarf zu senken. Für mehr Parallelität oder eine größere Kontextlänge werden in der Regel mehrere GPUs benötigt.
4. Die Details im Überblick
A. Kleines Unternehmen
- Benutzer:innen: ca. 100–200
- Monatlicher Token-Verbrauch: ~50 Mio.
- Cloud-Kosten: 27.000 USD pro Jahr
- On-Prem:
- 30.000 USD für 1× A100 (40GB) + Server
- 4.500 USD pro Jahr für Betriebskosten (OpEx)
- Kosten im 1. Jahr (On-Prem): 34.500 USD vs. 27.000 USD in der Cloud
Im ersten Jahr ist die Cloud günstiger. Im zweiten Jahr kommen On-Prem jedoch nur noch 4.500 USD Betriebskosten hinzu, während die Cloud erneut 27.000 USD kostet. Bis zum Ende von Jahr 2 hat ein Unternehmen somit rund 39.000 USD für On-Prem vs. 54.000 USD für die Cloud ausgegeben – ein Vorteil von 15.000 USD für On-Prem.
B. Mittleres Unternehmen
- Benutzer:innen: ca. 500–1.000
- Monatlicher Token-Verbrauch: ~200 Mio.
- Cloud-Kosten: 108.000 USD pro Jahr
- On-Prem:
- 45.000 USD für 2× A100 (80GB) + Server
- 6.750 USD pro Jahr für OpEx
- Kosten im 1. Jahr (On-Prem): 51.750 USD vs. 108.000 USD in der Cloud
Der Break-Even liegt hier bereits bei ca. 6–7 Monaten. Danach sparen Sie im Vergleich zu den monatlichen Cloud-Gebühren. Ab Jahr 2 fallen nur noch 6.750 USD an, während die Cloud erneut 108.000 USD kosten würde.
C. Großes Unternehmen
- Benutzer:innen: 5.000+ oder eine öffentlich zugängliche Anwendung
- Monatlicher Token-Verbrauch: ~1 Mrd.
- Cloud-Kosten: 540.000 USD pro Jahr
- On-Prem:
- 80.000 USD für 4× A100 (80GB) + Server
- 12.000 USD pro Jahr Betriebskosten
- Kosten im 1. Jahr (On-Prem): 92.000 USD vs. 540.000 USD in der Cloud
Der Break-Even wird nach rund 2 Monaten erreicht. Denn bei 1 Mrd. Tokens pro Monat summieren sich die Cloud-Kosten auf etwa 45.000 USD pro Monat. Bereits nach zwei Monaten (90.000 USD) wäre ein Großteil der On-Prem-Hardware refinanziert.
5. Weitere wichtige Aspekte
- Datenschutz & Compliance
- In stark regulierten Sektoren (z. B. Finanz-, Gesundheits- oder Militärbereich) kann es zwingend notwendig sein, dass Daten On-Prem bleiben und nicht in eine externe Cloud wandern.
- Anpassung & Fine-Tuning
- On-Prem-Lösungen ermöglichen tiefe Anpassungen (z. B. Fine-Tuning), bei denen ein 70B-Modell auf firmeneigene Daten optimiert wird. Das kann die Genauigkeit erheblich steigern.
- Wartung & Fachwissen
- Der Betrieb großer LLMs erfordert spezialisiertes Personal (MLOps, DevOps). Viele mittlere und große Unternehmen haben hierfür jedoch bereits Teams im Einsatz.
- Skalierbarkeit & Flexibilität
- Cloud: Lastspitzen können schnell abgefangen werden, sind jedoch kostenintensiver.
- On-Prem: Hardware muss auf Peak-Last ausgelegt sein. Bei niedriger Auslastung ist Kapazität ungenutzt.
- Modell-Updates
- In der Cloud haben Sie automatisch Zugriff auf neue Versionen (z. B. GPT-5, Claude Next).
- On-Prem entscheiden Sie selbst, wann und wie ein Update durchgeführt wird, übernehmen aber auch den Implementierungsaufwand.
6. Fazit: Wann lohnt sich On-Prem?
Szenario | Monatliche Tokens | Jährliche Cloud-Kosten | On-Prem Hardware | Break-Even |
Kleines Unternehmen | 50 Mio. | 27.000 USD | 30.000 USD + 4.500 USD OpEx | Ende Jahr 2 |
Mittleres Unternehmen | 200 Mio. | 108.000 USD | 45.000 USD + 6.750 USD OpEx | ~6–7 Monate |
Großes Unternehmen | 1 Mrd. | 540.000 USD | 80.000 USD + 12.000 USD OpEx | ~2 Monate |
- Kleine Unternehmen: Anfangs ist die Cloud günstiger. Nach rund zwei Jahren kann On-Prem jedoch aufholen und bei steigender Nutzung rentabler werden.
- Mittlere Unternehmen: Amortisation innerhalb des ersten Jahres, meist um den 6.–7. Monat herum.
- Große Unternehmen: Bei 1 Mrd. Tokens/Monat kann On-Prem bereits nach 2 Monaten günstiger sein.
Bei diesen Betrachtungen spielen nicht nur Kosten, sondern auch Compliance, Anpassungsfähigkeit und Datenschutz eine wichtige Rolle – insbesondere bei sensiblen oder streng regulierten Daten. Wer außerdem enorm hohe Token-Volumina hat, sollte besonders sorgfältig kalkulieren: Eine On-Prem-70B-Lösung kann sich überraschend schnell amortisieren.
Abschließende Gedanken
Ein 70-Milliarden-Parameter-Modell wie Llama 3 70B bietet erstklassige Leistung für agentic AI. Die Cloud ist weiterhin der einfachste Weg, um rasch zu starten und flexibel zu skalieren. Doch sobald das monatliche Token-Volumen hoch ausfällt oder sensible Daten involviert sind, ist On-Prem oft nicht nur sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich attraktiv.
Ob Sie ein kleines Unternehmen sind, das seine Kosten ab Jahr 2 wieder einspielt, oder ein großes Unternehmen, das den Break-Even in nur zwei Monaten erreicht – ein Monitoring Ihrer Nutzung ist entscheidend. Vergleichen Sie genau, ob On-Prem oder Cloud besser zu Ihren Wachstumszielen und Risikoprofilen passt.
Disclaimer: Alle angegebenen Kosten sind Schätzwerte und variieren je nach Region, Hardware-Anbieter, Cloud-Provider sowie den spezifischen Anforderungen beim Betrieb eines 70B-Modells. Bitte validieren Sie Ihre tatsächlichen Nutzungs- und Preisdaten individuell.